Der Krankenhausbau hat sich als architektonischer Typus über lange Zeit eng an den Erfolgen und Erkenntnissen der medizinischen Forschung entlang entwickelt. Im 20. Jahrhundert wurde der Bautyp jedoch immer stärker von den Faktoren Effizienz, Ökonomie und Rationalisierung geprägt, Kliniken sind inzwischen zu hoch technisierten Maschinen mutiert. Grundlegende Aspekte der menschlichen Würde, der Bedürfnisse und Empfindungen Kranker und Pflegender sind dabei in den Hintergrund getreten; die psychosozialen Konsequenzen dieser Entwicklung wiegen schwer.
Neue Ansätze einer „Healing Architecture“ haben sich seit den1980er Jahren in Nordamerika formiert und konnten inzwischen auch in Europa erfolgreich die Diskussion um eine notwendige Reform des Krankenhausbaus beeinflussen. Der kranke Mensch und seine speziellen Ansprüche rücken dabei wieder verstärkt in das Zentrum von Entwurf und Planung. Aber obwohl bereits einige erfolgreiche Beispiele für eine wirksame „heilende Architektur“ umgesetzt wurden, fehlt es noch immer an einer breiteren öffentlichen Aufmerksamkeit und der politischen Unterstützung, um die deutlichen Ergebnisse des „Evidence-Based Design“ in der vollen Konsequenz bei Neubauten und Umbauten von Kliniken anzuwenden. Ein grundsätzliches Umdenken in der Gesellschaft über die Aufgaben und Möglichkeiten des Klinikbaus scheint dringend notwendig.
Die Ausstellung im Architekturmuseum der TUM setzt sich an erster Stelle mit den wissenschaftlichen Grundlagen der sogenannten „heilenden Architektur“, mit Sichtbarkeit ihrer Erfolge, also ihrer Wirksamkeit und den Wegen und Hürden ihrer Realisierbarkeit kritisch auseinander. Sie ist sowohl Standortbestimmung der aktuellen Bestrebungen, vom „kranken“ Haus zu einer gesunden Umgebung zu kommen, als auch der Versuch, neue Perspektiven in eine radikalere, visionäre Zukunft zu öffnen. Nicht der Krankheit, sondern den Kranken, soll dabei Raum gegeben werden. Zusammen mit TUM Gastprofessorin Dr. Tanja C. Vollmer wird das Architekturmuseum der TUM anhand einer internationalen Auswahl an herausragenden Beispielen das produktive Wechselspiel von medizinischer, technischer und ökonomischer Anforderung und architektonischer Baukunst nachzeichnen. Ziel und Absicht ist es, mit der Ausstellung sowohl den Einfluss der Architektur auf den Heilungsprozess aufzuzeigen als auch eine breitere öffentliche Debatte über die Zukunft des Bautyps und seine gesellschaftliche Relevanz anzuregen.
Die Ausstellung wird großzügig gefördert von:
PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne mit Allianz und DJE Kapital AG, Wüstenrot Stiftung, Freundeskreis Architekturmuseum TUM, GaPAO e.V. Gesellschaft für angewandte Psychologie in Architektur und Onkologie, Christine und Hans Nickl Foundation
Kurator*innen: | Tanja C. Vollmer, Andres Lepik und Lisa Luksch
Kuratorische und Wissenschaftliche Mitarbeit: | Friedrich Mönninger, Zeynep Ece Sahin