Einladung zur Abschlusskritik im Bachelor Projekt "Über den Dächern" am Lehrstuhl für Städtische Architektur:
„Wenn ich die Plattformen des Eiffelturms erklimme, bekomme ich auf dem Weg nach oben ein Gefühl der Beredsamkeit; der Moment wird freudig - und auch ernst; wenn der Horizont sich hebt, scheint es, als ob der Geist in weitere Horizonte projiziert wird: wenn sich physisch alles weitet, wenn die Lunge sich heftiger aufbläht, wenn das Auge weitere Horizonte ins Auge fasst, wird der Geist mit einer agilen Kraft belebt; Optimismus weht. Der horizontale Blick führt weit: Kurz gesagt, es ist ein großartiges Ergebnis ohne schmerzhafte Arbeit. Vom Eiffelturm bis zu den aufeinanderfolgenden Plattformen in 100, 200 und 300 Metern Höhe nimmt der horizontale Blick Unermessliches auf, und wir werden von ihm bewegt, wir werden von ihm beeinflusst.
{Urbanism, S. 174-177, Kursive S.M.)
So schwärmt Le Corbusier beim Blick über Paris und dem Aufstieg auf den Eifelturm. Wer kennt Ihn nicht, diesen Moment in dem man über die Dächer der Stadt tritt und plötzlichen ein ganz anderer Eindruck seines unmittelbaren Umfeldes erlebbar wird.
Sowohl Le Corbusiers Sehnsucht nach einer anderen Stadt als auch sein Anspruch seinen Häusern einen anderen Abschluss zu geben mag in solchen Erlebnissen seinen Ursprung gehabt haben. Ideen zum Dach verfolgten ihn Zeit seines Lebens und er konnte in mannigfaltiger Art und Weise zeigen wie es anders gehen könnte.
Knapp 100 Jahre später Blicken wir über die Städte und es hat sich wenig verändert über den Dächern. Es gibt kaum Projekte mit Anspruch an einen interessanten, nutzbaren oder nachhaltigen Abschluss der Häuser gegen den Himmel. Hier wird Potenzial verschwendet und fällt entweder der Einfallslosigkeit, der Kosten oder der Vorgaben der Behörden zum Opfer. Dabei gibt es nicht nur bei Corbusier vielfältige Beispiele die ein anderes Bild zeichnen. Von den fantastischen Ideen Ludwigs des II mit seinem See auf der Residenz in München bis hin zu vermehrt entstehenden Sportplätzen über den Dächern, wird gezeigt was möglich ist.
Zusätzlich zu diesen Gedanken zwingt uns die Verknappung des Wohnraums in den Städten und der „Flächenfraß“ in Zukunft anders über unsere Ressourcen und Städte nachzudenken. Der Erhalt des Bestands rückt genauso in den Fokus wie ein Wachstum der Städte nach „Innen“. Dies wird zentrale Aufgabe der nächsten Jahrzehnte sein und die Frage ist nicht, ob, dies passiert, sondern wie?
Wir werden in diesem Semester der Frage nachgehen, wie es über den Dächern der Stadt in Zukunft aussehen könnte und welchen Beitrag die Dächer zu einer nachhaltigen Baukultur leisten können.
Gastkritiker:
Michaela Türtscher (Schneider Türtscher)
Gerhard Matzig (SZ-Feuilleton)
Wann:
08.02.2022, 9h
Wo:
Online, Zoom
Meeting-ID: 663 2246 0335
Kenncode: LSA2122