Die Kuppelkonstruktion der Basilika in Weingarten
Bearbeiter: Dr. phil. Dipl.- Ing. Andrij Kutnyi, Dipl.- Ing. Alexander Wiesneth
unter Mitarbeit von Prof. Dr.- Ing. Manfred Schuller
Bei der Instandsetzung und Restaurierung des Weingartener Kuppeldaches (2003-2006) und deren weitgehend erhaltenen barocken Kupferdeckung tauchten verschiedene Fragen zur Technik und Konstruktion des Kuppelbaus auf. Zu ihrer Klärung regte das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg eine bauforscherische Untersuchung an.
Die Benediktinerabtei Weingarten war Anfang des 18. Jahrhunderts in der wirtschaftlich günstigen Position, nicht nur einen kompletten Klosterneubau in Angriff nehmen zu können, sondern auch die Abteikirche mit einer monumentalen Tambourkuppel zu bekrönen. Die fast vollständig realisierte Klosteranlage ist wohl eines der bedeutendsten barocken Bauwerke des frühen 18. Jahrhunderts in Oberschwaben. Sowohl die Baugestalt der Kirche als auch ihre kostbare Ausstattung unterstreichen dabei den Anspruch der ehemaligen Reichsabtei. Bekannte Vorarlberger Architekten (u.a. Franz Beer II. und Johann Jakob Herkommer) sowie namhafte Künstler dieser Zeit konnten für die Ausführung gewonnen werden. Die erstklassige Stuckierung der Kirche durch Franz X. Schmuzer und vor allem die Ausmalung der Kuppel durch Cosmas Damian Asam erheben das Bauwerk zu überregionaler Bedeutung.
Neben diesen künstlerischen Aspekten der Abteikirche sind die bautechnischen und konstruktiven Leistungen zu würdigen, die vor allem mit der Errichtung der Kuppel zusammenhingen. Sie erschließen sich dem Besucher allerdings erst bei genauerer Kenntnis des Bauwerks. Beispielsweise unterscheidet sich die Dachkonstruktion der Kuppel erheblich von Vergleichsobjekten dieser Zeit. Bei einer Begehung zwischen Kuppeldach und massiver Schale fällt das aus Spanten konstruierte Dach auf. Auch die eingelegten Eisenanker im Kuppelmauerwerk weisen auf besondere Vorkehrungen zur Stabilisierung des Bauwerks hin. Dachwerk und massive Kuppelschale sind dabei so eng miteinander verbunden, dass eine gemeinsame Betrachtung beider Konstruktionen notwendig ist, wobei vor allem die Frage des Aufstellprozesses zu klären bleibt. Die Baumeister waren sich der schwierigen Problematik des Großkuppelbaus, die bei vielen anderen Kirchenprojekten zu weniger ambitionierten Ergebnissen führte, sehr wohl bewusst.
Durch eine intensive bauforscherische Untersuchung des Kuppeldaches und der massiven Schale, konnte sowohl der Aufstellprozess als auch die besonderen Eigenarten der Kuppelkonstruktion in Weingarten erfasst und nachvollziehbar gemacht werden. Die Forschungen in Weingarten stellen erstmals Form und Bautechnik eines barocken Großkuppelbaus im deutschsprachigen Raum ausführlich dar und legen zugleich eine Grundlage für weitere Untersuchungen auf diesem spannenden und bislang vernachlässigten Gebiet.
Die Forschungsergebnisse wurden im Jahr 2007 abgeschlossen, ihre Publikation im Rahmen der Arbeitshefte des Landesamtes für Denkmalpflege Baden-Württemberg ist für den Herbst desselben Jahres vorgesehen.