Denkmal und Kontext in Buchara (Usbekistan)
Projektleitung: Prof. Dr.-Ing. Manfred Schuller
Bearbeiter: Dr. phil Dipl.-Ing. Andrij Kutnyi
Kunsthistorisch-historische und restaurierungswissenschaftlich-bauforscherische Untersuchung von öffentlicher und privater Architektur in nachbarschaftlichen und gesamtstädtischen Kontexten.
Inhalt und Ziele
Das UNESCO-Architekturschutzgebiet der Altstadt von Buchara (Usbekistan) gehört zu den bedeutendsten Ensembles historisch gewachsener Stadtstrukturen in Zentralasien mit einer großen Zahl wichtiger Einzeldenkmäler und einzigartigen, in Nutzung und Bestand historisch gewachsenen Stadtvierteln. Das Forschungsprojekt legt die Priorität auf die übergreifende wissenschaftliche Untersuchung des Baubestands im Stadtviertel Chodzha Zajnidin, das zu den wenigen Quartieren zählt, in denen eine noch traditionelle Struktur überlebt hat.
Im Gegensatz zu bisherigen Projekten in Buchara, die jeweils isolierte Restaurierungen von Einzeldenkmalen zum Ausgangspunkt nehmen, legt das Forschungsvorhaben am Beispiel eines der sensibelsten Areale des Architekturschutzgebiets die Priorität auf die übergreifende wissenschaftliche Grundlagenuntersuchung des Quartiers. Erstmals soll ein Team, das kunsthistorische und historische, restaurierungswissenschaftliche, bauforscherische, architektonische und stadtplanerische Kompetenz vereint, in enger Zusammenarbeit mit den städtischen und staatlichen Behörden eine Gesamterfassung des ausgewählten Kontexts erarbeiten.
Am Beginn des Vorhabens steht die Analyse des Areals um die Moschee mit der Moschee als dem strukturellen Nukleus (Projektphase 1, Laufzeit: 2 Jahre). Dabei sollen sowohl die herausragende Einzelarchitektur als auch die Verbindungen zwischen dem Ensemble und seinem sozialen und historischen Kontext untersucht werden. In einem zweiten Schritt wird das Aufnahmegebiet um den ca. 0,72 ha messenden Kern auf ca. 7,5 ha ausgedehnt und der weitere Kontext des Stadtviertels betrachtet (Projektphase 2).
Die kombinierte Bauaufnahme (2D- und 3D-Dokumentation) mit themenbezogener Kartierung (Semantic Mapping) und paralleler Archivierung (Digitales Bauarchiv) ist bislang in Buchara nicht bekannt. Aus diesem Grund sollen von Beginn an die usbekischen Kooperationspartner aktiv in den Prozess der Dokumentation eingebunden werden.
Zur Realisierung des Forschungsvorhabens werden drei Teilprojekte definiert:
Da weder die Objektgeschichte bekannt ist noch detaillierte Pläne zur Konstruktion und Ausstattung vorliegen, widmet sich Teilprojekt A der Baudokumentation der Moschee und des Chodzha Zajnidin-Ensembles (Universität Bamberg, Restaurierungswissenschaft). Im Fokus stehen die Dokumentation des Innen- und Außenraums und der ornamental bzw. farbig gestalteten Oberflächen.
Das Teilprojekt B der Islamischen Kunstgeschichte und Archäologie (Universität Bamberg) möchte eine Lücke in der Forschung schließen und die kunstgeschichtliche Stellung der Chodzha Zajnidin-Moschee herausarbeiten. Dabei sollen die Elemente der Kontinuität und Varietät herausgearbeitet werden, welche die Architektur der post-timuridischen Epoche in Mittelasien und Iran prägen.
Das an der University of Washington durchgeführte islamwissenschaftliche Projektsegment widmet sich der Historischen Archivforschung. Inhaltlich sollen die bedeutsamen Transformationen in der Geschichte des Chodzha Zajnidin-Ensembles und seines urbanen Zusammenhangs im Rahmen der Stadt- und Sozialgeschichte Bucharas behandelt werden, wie sie u.a. aus Archivquellen und aus der Befragung von Zeitzeugen hervorgehen. In Bezug auf die Gegenwart schließt das Teilprojekt die Analyse der gegenwärtigen Nutzungsstruktur ein, die in enger Zusammenarbeit mit der Bauforschung ermittelt werden soll.
Das Teilprojekt C der Technischen Universität München soll sich mit den bislang vernachlässigten, aber hochwertigen Holzkonstruktionen der Moschee und des Chodzha Zajnidin Ensembles im städtebaulichen Kontext beschäftigen. Vorgesehen sind eine detaillierte bauforscherische Analyse der konstruktiven Elemente einschließlich ihrer Wechselwirkung mit anderen Baumaterialien und die Dokumentation ihrer Gestaltung und Bedeutung als Funktionsträger residentieller Architektur. Die bauforscherische Analyse soll Hand in Hand mit der 3D- Vermessung des Moschee und des Ensembles gehen und die digitalen Daten durch traditionell gezeichnete Details der ansonsten schwer interpretierbaren Holzverbindungen ergänzen und die Dokumentations- und Ergebnistiefe verdichten. Parallel werden ausgewählte Objekte in dem fast ungestörten südwestlichen Stadtviertel von Buchara in Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt A nach Baualter, Bauentwicklung und Bauphasen untersucht und in das 3D- Modell des Viertels integriert. In sämtlichen Projektphasen soll die Bauuntersuchung mit zerstörungsarmen Analysen zur Artenbestimmung der Hölzer und ihres Alters untermauert werden.
Technische Universität München
Lehrstuhl für Baugeschichte, Historische Bauforschung
und Denkmalpflege
Prof. Dr.-Ing. Manfred Schuller
Dr. phil. Dipl.-Ing. Andrij Kutnyi
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dipl.-Ing. Ilona Dudzinski M.A.
Kooperationspartner
- Universität Bamberg
- Islamische Kunstgeschichte und Archäologie, Prof. Dr. Lorenz Korn
- Restaurierungswissenschaft in der Baudenkmalpflege, Prof. Dr.-Ing. Rainer Drewello
Wissenschaftliche Mitarbeiter (in Drittmittelprojekten)
- Mustafa Tupev M.A.
- Dr. Thomas Eißing
- Jasmin Badr M.A.
- Bernadette Sagel M.A.
Außereuropäische Kooperationspartner
- University of Washington, Department of History, Pre-Modern Middle East: Dr. Florian Schwarz, Assistant Professor
- Bucharskij Gosudarstvennyj Museum, Generaldirektor des Staatlichen Museums und Architekturschutzgebiets Buchara: Dr. Robert Almeev Valievich
- Elisaweta Nekrasowa
Zeitraum
Vorgesehene Gesamtdauer: 3 Jahre (2+1)1. Projektabschnitt: 04/2008 - 04/2010