Das Heiligtum des Apollon auf Despotiko bei Antiparos (Kykladen)
1959 hatte der staatliche griechische Antikendienst (Nikos Zapheiropoulos von der Ephorie der Kykladen/Griechisches Kultusministerium) eine kleine Grabung an der Stätte Mandra auf der der 7,65 km² großen, unbewohnten Insel Despotiko, die sich westlich der Kykladeninseln Antiparos und Paros befindet, durchgeführt. Dabei wurden marmorne Bauglieder einer dorischen Ordnung der Zeit um 500 v. Chr. gefunden. Seit 1997 setzten Mitarbeiter derselben Institution unter der Leitung von Yannos Kourayos die Arbeiten fort, unter Mithilfe amerikanischer Kollegen und unterstützt von diversen griechischen Stiftungen. Sie versetzten einen Ziegenstall, in dem viele Bauteile verbaut waren, und entdeckten im Laufe der Jahre ein ausgedehntes Heiligtum. Es besteht aus einem N-Temenos mit Altar und tempelartigen Gebäuden, die Apollon geweiht sind, einem Südkomplex mit einem rätselhaften kleinen Bau mit Vorrichtungen für Flüssigkeit und verstreuten Nebenbauten.
Seit 2010 beteiligen sich Mitglieder des Lehrstuhls für Baugeschichte der TU München, der seit 1968 einen Forschungsschwerpunkt bei der antiken Architektur der Kykladen hat, auf Einladung des griechischen Kollegen, an der Ausgrabung des Heiligtums von Despotiko. Das Ziel ist es, die bedeutendsten architektonischen Reste der Anlage zu dokumentieren und analysieren, daraus Bauphasen-Pläne und Rekonstruktionsvorschläge zu entwickeln sowie die Architektur in die Kunstlandschaft der Kykladen einzuordnen.
Es stellte sich heraus, daß das Hauptgebäude A drei Bauperioden hatte: Die Vorhallen der zweiten und dritten Bauphase (ca. 540/530 v. Chr. und um 500 v. Chr.) waren mit marmornen Kolonnaden ausgestattet, die der inseldorischen Ordnung angehören. Die ältere vertritt eine neue Variante, die jüngere eine bereits bekannte. Die inseldorische Ordnung begegnet auf den Kykladen ab der Mitte des 6. Jhs. v. Chr. neben der verbreiteteren und älteren inselionischen Ordnung. Diese ist möglicherweise am Gebäude Delta des N-Temenos vertreten.
Die Aufenthalte der Münchner Bauforscher (Dr.-Ing. habil. Aenne Ohnesorg, Dr. phil. Dipl.-Ing. Katarina Papajanni, Dipl.-Ing. Martin Lambertz, Dipl.-Ing. Miriam Knechtel und cand. arch. Viola Scheumann) wurden auf Antrag von Prof. Dr.-Ing. M. Schuller von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. Es wurden 3 Kampagnen (2010 bis 2012) abgehalten, die in verschiedene Manuskripte mündeten, die noch nicht alle erschienen sind; weitere Publikationen sollen folgen.