Schalchthofquartier 2.0
freie Masterthesis (SS24)
Elina Volz
Welche (neuen) „Bausteine“ erfordern Städte, um den urbanen Alltag ressourcenschonend zu organisieren?
In der Stadt München verbrauchen Stadtbewohner*innen vier Mal so viele Ressourcen als ihnen nachhaltig zur Verfügung stehen (Circularity Gap Report Munich, 2023). Ein großer Teil des Verbrauchs kann auf Aktivitäten der Alltäglichkeit zurückgeführt werden: Wohnen, Fortbewegen, Konsumieren und Ernähren (UBA Online, 2024). Um nachfolgenden Generationen eine Überlebenschance zu bieten, muss sich unser Lebensstil folglich massiv verändern. Wichtige Lösungsansätze für eine ressourcenschonende Entwicklung liefern Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, welche neben Konzepten für Städte als Systeme („Circular City“) auch zunehmend Fragen zu neuen Organisationsformen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der Rolle von Individuen aufwerfen („Circular Society“).
Mit Fokus auf die im urbanen zivilgesellschaftlichen Alltag aktiv beeinflussbaren Stoffströme der KONSUMGÜTER und LEBENSMITTEL wurde im Rahmen der Masterarbeit ein Repertoire an Bausteinen aufgezeigt, welche auf eine zirkuläre (Stadt)entwicklung hinwirken. In der Zusammenstellung fiel auf, dass ein großer Beitrag alternativer Konsummodelle von zivilgesellschaftlichen Akteur*innen hervorgebracht werden, welche abseits vom Markt agieren und aus diversen Gründen nur schwer vergesellschaftet werden können. Einhergehend lässt sich in Städten wie München ein neuer Trend kommunaler Bestreben zur systematischen Förderung dieser Bausteine als wichtige Infrastrukturen nachhaltiger Stadtmodelle (bspw. „Zero-Waste City“, „Klimaneutrales München“) beobachten.
Angelehnt an zahlreiche Forderungen sektoraler Forschung und Praxis für eine dezentrale Verteilung zirkulärer Einrichtungen / Infrastrukturen wird das Prinzip der 15-Minuten-Stadt als räumliches Leitbild für die zirkuläre Stadt und die zirkuläre urbane Gesellschaft vorgeschlagen. Langfristig sollen alle Stadtbewohner*innen (sowie Besucher*innen und Einpendelnde) die Möglichkeiten haben, im fußläufigen Umfeld auf Infrastrukturen zuzugreifen, die es Ihnen ermöglichen, einen urbanen Alltag möglichst ressourcenschonend zu bestreiten sowie proaktiv mitzugestalten. Ein zirkulärer Lebensstil wird somit nicht als Aufgabe, sondern als Recht, welches sich in einer räumlichen Zugänglichkeit manifestiert, betrachtet.
Auf dem Weg zu einer „zirkulären 15-Minuten-Stadt“ werden Pionierprojekte mit Strahlkraft erforderlich, die eine neue öffentlichkeitswirksame Narrative für die Gestaltung ressourcenschonender Lebensstile liefern. Der Münchner Vieh- und Schlachthof als in sukzessiver Transformation befindliches Quartier wurde aufgrund der günstigen Eigentumsverhältnisse, der zentralen Lage am künftigen ÖPNV-Knotenpunkt München-Süd und seiner stadtweiten Bekanntheit als wertvoller Reallabor-Standort identifiziert. Auf Grundlage einer sektoralen 15-Minuten-Analyse und einer Betrachtung der lokalen Planungssituation konnten in Zukunft leerfallende Flächen / Bauwerke als seltene innerstädtische Raumpotenziale identifiziert werden, welche als Brücken in die Zukunft für Pioniernutzungen der zirkulären Stadt München in Wert gesetzt wurden.
Co-Betreuung durch Dipl.-Ing. Johannes Staudt, Lehrstuhl für nachhaltiges und ressourceneffizientes Planen und Bauen
Arbeit entstanden im Rahmen einer Teilnahme am Circular Society Kolleg der Hans Sauer Stiftung 2024