Baubotanik
Baubotanik beschreibt eine Bauweise, bei der Bauwerke durch das Zusammenwirken technischen Fügens und pflanzlichen Wachsens entstehen. Dazu werden lebende und nicht-lebende Konstruktionselemente so miteinander verbunden, dass sie zu einer pflanzlich-technischen Verbundstruktur verwachsen: Einzelne Pflanzen verschmelzen zu einem neuen, größeren Gesamtorganismus und technische Elemente wachsen in die pflanzliche Struktur ein. Für diesen Ansatz wurde 2007 am Institut Grundlagen moderner Architektur (IGMA) der Universität Stuttgart der Begriff Baubotanik etabliert und das Forschungsgebiet Baubotanik gegründet. Seit März 2017 ist das Forschungsgebiet an der Professur für Green Technologies in Landscape Architecture der TUM angesiedelt und wird dort in einem breiten, interdisziplinären Netzwerk weiterentwickelt.
Bäume und deren Wachstumsprozesse zu nutzen, um lebende Bauwerke entstehen zu lassen, ist ein Ansatz, der in der Geschichte in vielfältiger Form immer wieder aufscheint und über eine eigene Tradition visionärer Entwürfe verfügt. Als wichtige historische Referenzen der Baubotanik seien hier die lebenden Brücken der Khasi und die Tanzlinden genannt. Während die lebenden Brücken eine archaische Möglichkeit aufzeigen, mit lebenden Bäumen Konstruktionen beeindruckender Größe und Tragfähigkeit zu schaffen, stehen Tanzlinden für einen architektonisch-gärtnerischen Ansatz, Pflanzenräume mit besonderer Aufenthaltsqualität zu schaffen.
Die Professur für Green Technologies in Landscape Architecture forscht im Bereich der Baubotanik in interdisziplinären Projekten auf unterschiedlichen Maßstabsebenen. Aktuell werden baubotanische Techniken und botanische Grundlagen in mehreren Testfeldern untersucht. Durch Entwurf, Umsetzung und wissenschaftliche Begleitung von Versuchsbauwerken werden Erkenntnisse zum Transfer der Forschungsergebnisse in die Praxis gesammelt. Die Lebenden Brücken werden als historische Beispiele botanischer Architektur und als Modelle für ökologische und soziale Nachhaltigkeit untersucht. Baubotanische Bauwerke sind als „begehbare Bäume“ als neue freiräumliche Typologien zu verstehen. Im Forschungsvorhaben „Vertikale Freiräume“ werden derartige Typologien systematisch aufgearbeitet und anhand eines research-by-design-Ansatzes untersucht.