The Redundant City. A Multi-Site Enquiry into Urban Narratives of Conflict and Change
Überblick
Vor dem Hintergrund der steten Transformation von Städten ist es notwendig, Konzepte zur urbanen Veränderung fortwährend zu überprüfen und neu zu entwickeln. Das Forschungsprojekt untersucht die vielfältigen, narrativen Wissensbestände von Architektur- und Stadttheorie zu Konflikt und Veränderung und konfrontiert diese mit der empirisch fundierten Situationsanalyse der Münchner Großwohnsiedlung Parkstadt Bogenhausen. Das Ergebnis des kombinierten Forschungsansatzes ist das sensibilisierende Konzept der Redundanten Stadt. Es beschreibt eine spezifische Form der kollektiv verhandelten, urbanen Veränderung.
Ein neues Konzept der Veränderung
Mit Redundant City wird ein neues Konzept entwickelt und vorgestellt, anhand dessen asymmetrische Veränderungssituationen in Städten besser verstanden und interpretiert werden können. Im Fokus stehen dabei Räume, die nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) organisiert sind. Der Begriff Redundant City – Redundante Stadt steht für das Konzept wie auch für die Parkstadt, auf die sich das Konzept bezieht.
In der Redundanten Stadt bestehen einerseits besondere Bedingungen für die Initiierung und Gestaltung von Veränderungsprozessen durch die relative Autonomie kollektiv ausgeübter, privatisierter Verfügungsmacht. Andererseits produzieren kollektive Selbstkontrolle, strukturelle und institutionelle Rahmungen, investitionsorientierte Akkumulation und Mechanismen des Widerstandes gegen Veränderung Bedingungen, die eingeschränkte Veränderungen auf der Mikroebene zulassen, Veränderungen und Interaktionen auf der Ebene des Urbanen aber verhindern.
Die Problematik der Situation spiegelt sich im ambivalenten, für das Konzept gewählten Begriff der Redundanz wieder. In der Redundanten Stadt verbinden sich Möglichkeitsräume für individuelle Aneignung und Veränderung mit denen für Stagnation. Prozesse der Veränderung sind nach innen gerichtet, während Interaktionen mit der Stadt reaktiv sind und sich auf ein Minimum reduzieren.
Die Redundante Stadt folgt ihrem eigenen Veränderungsmuster und unterscheidet sich dadurch grundlegend von anderen Prozessen in der Stadt.
Im Ausblick der Arbeit werden Themen aus der aktuellen Münchner Stadtentwicklungspolitik aufgegriffen. So wird zum Beispiel auf die Selektivität im Nachverdichtungsprogramm der ‚Perspektive München. Langfristige Siedlungsentwicklung’ hingewiesen und Redundant City als Grundlage für eine differenziertere Betrachtungsweise, insbesondere von Räumen, die nach dem WEG organisiert sind, diskutiert.
Die Arbeit stellt Verbindungen zwischen Theoriebildung und konkreten, urbanen Problemen her und verweist auf praktische Anwendungen in einem diskursiven Feld, das aufgrund der zunehmenden Verbreitung von WEG-Konstrukten die zukünftige Entwicklung von Städten mitbestimmen wird.
Methodologie
In der vorgestellten Forschung verbinden sich Architektur- und Stadttheorie mit Perspektiven der Critical Urban Theory und Methoden, die aus den Sozialwissenschaften adaptierten werden. Das Forschungsdesign basiert auf der Kombination von unterschiedlichen, sich ergänzenden Methoden, Quellen und Materialien. In der als multi-site/multiple-methods charakterisierbaren Arbeitsweise werden Elemente der diskursiv-interpretativen Analyse mit der Erhebung und Auswertung empirischer Daten kombiniert. Die diskursiv-interpretative Analyse folgt der offenen Forschungslogik der grounded theory methodology (GTM), die akteurs- und raumzentrierte Fallstudie der Parkstadt Bogenhausen orientiert sich an der situational analysis (SA) und social worlds/arenas theory. Für beide Bereiche wird der Methodenbaukasten durch neu entwickelte, projektspezifische Analyse- und Mappingwerkszeuge ergänzt.
Links
Die Forschungsarbeit wurde mit dem Dr Marschall-Preis 2020 der Fakultät für Architektur ausgezeichnet.
Das Buch The Redundant City. A Multi-Site Enquiry into Urban Narratives of Conflict and Change ist 2020 beim transcript Verlag als Open Access Publikation erschienen. ISBN: 978-3-8376-5114-0
Norbert Kling lehrt und forscht an der TUM und ist Partner im Büro zectorarchitects London/München. Die Forschungs-, Lehr- und Projektarbeit von zectorarchitects wurde mit dem Förderpreis der Landeshauptstadt München 2020 in der Kategorie Architektur gewürdigt.