Stadt ohne Namen
Freiräume von Flüchtlingsunterkünften
Bachelor´s Thesis Landschaftsarchitektur und -planung, Sommersemester 2016
Thema
„Jede Gesellschaft ist in ihrer politischen Verfasstheit auf eine je spezifische Architektur angewiesen. ...“ (Delitz, H. 2009)
Leisten wir dieser Behauptung Folge, so ist die Auseinandersetzung in der Architekturdebatte, die dem großen Zuwanderungsstrom – den unsere Städte in Nordeuropa derzeit erfahren – eine spezifische Antwort gibt, „brand“aktuell. Wir diskutieren in Foren, Blogs, Seminaren und Workshops wie „Wohnraum für Alle“ aussehen soll, wer ihn gestaltet und wie er generiert wird. Dabei kommt stets eine Frage zu kurz: Wie sieht Freiraum für Alle aus? Wie gestaltet man das Dazwischen?
Um „Flüchtlingsströme“ angemessen aufzunehmen sind in Deutschland derzeit vier Wohnstrategien erkennbar:
1. Container-, Zeltstätten und Traglufthallen als Ankunftssituation
2. Umprogrammierung ungenutzer Hallen als Zwischenbehausung
3. Umgestaltung von Kasernengebäuden zu Übergangsunterkünften
4. Neubau von günstigem und schnell errichtbarem Wohnraum in Städten und Gemeinden
In all diesen Varianten wird dem Aufenthalt der Bewohner im Freien, sowie deren Betätigung dort, wenig Aufmerksamkeit geschenkt – sei es aus Zeit oder aus Kostengründen. Für die Erschaffung temporärer Freiraumgestaltungen sehen viele Verwaltungen keine Notwendigkeit, für permanente Einrichtungen liegt das Hauptaugenmerkt eben nur auf der Behausung. Viele der angebrachten Argumente sind vielleicht nachvollziehbar, hat uns die Situation doch scheinbar überrascht.
Macht man sich jedoch die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen in den jeweiligen Notunterkünften klar, erkennt man schnell, dass Menschen dort, neben Essen und Schlafen, vor allem zum Warten und Ausfüllen von Formularen gezwungen sind. Keine Beschäftigung, keine Anregung, kaum Orte für Begegnung ohne die drängende Enge. Orte ohne Identität, Städte ohne Namen.
Es wird Zeit über die Aussenanlagen dieser Orte anders nachzudenken. Für die Ankommenden und die Bleibenden müssen diese Orte auch Freiräume der Begegnung, zum Spielen und gemeinsamem Sporttreiben, zum Gärtnern und Kochen, oder einfach zum angenehmen Verweilen darstellen.
Ebenso wie Container und Zelte räumliche Entsprechungen einer temporären Wohnform sind, müssen spezifische Freiraumelemente entwickelt werden, die den gleichen Ansprüchen genügen.
Aufgabe
Im Projekt werden hierzu in intensiv betreuter Gruppenarbeit die Grundlagen sowohl auf städtebaulicher, landschaftsarchitektonischer als auch gesellschaftspolitischer Ebene recherchiert und dokumentiert. Die Darstellung von Fallbeispielen ist gewünscht und soll in ihrem jeweiligen methodischen Vorgehen analysiert werden. Es gilt außerdem zu untersuchen, welche Nachbardisziplinen in den Prozessen kooperieren können (Soziologie, Politik, Kultur, Ingenieurwesen...)
In der Thesis wird dann an einem konkreten Fallbeispiel (München, Freising, Umland) entwerferisch auf die zuvor erwähnte Fragestellung eingegangen. In der Thesis werden Lösungen im städtebaulichen Maßstab 1: 500/1:200 sowie auf der Objektebene im Maßstab 1:100/1:50/1:10 entwickelt. Der Entstehungsprozess des Konzeptes zu einem spezifischen Freiraum soll genauso mitgedacht werden, wie die Implementierung und mögliche Weiterentwicklung, z.B. durch die Nutzer. Am Ende der Thesis steht eine kritische Reflexion der Erfahrungen in der Recherche sowie eine Diskussion des eigenen Vorgehens.