Gerne Warten - Kleine Bahnhöfe im Wandel
Projekt BA Entwerfen und Konstruieren Raum 4140

Edward Hopper, Automat, 1927
Früher waren Bahnhöfe das Aushängeschild einer Stadt oder eines Dorfes, Orte des Ankommens. Reisen mit der Eisenbahn war ein Privileg, ein Abenteuer und ein gesellschaftliches Ereignis. Noch heute kennen wir das Sprichwort „ganz großer Bahnhof“, das die Bedeutung und Inszenierung solcher Orte widerspiegelt.Heute wirken Großstadtbahnhöfe oft anonym und unwirtlich, geprägt von Ungepflegtheit, Vandalismusprävention und lieblosigkiet. Viele Reisende versuchen, sich dort möglichst kurz aufzuhalten. Ländliche Bahnhöfe verfallen zunehmend. Die einst mit viel Aufwand errichteten Gebäude sind für heutige Bedürfnisse überdimensioniert, nicht mehr wirtschaftlich nutzbar und werden vielerorts verriegelt oder zweckentfremdet. Bahnreisende müssen häufig das Hauptgebäude umgehen, um den Bahnsteig zu erreichen. Anstatt in einer warmen Wartehalle zu verweilen, stehen sie in der Kälte auf zugigen Gleisen. Wie können diese Orte wiederbelebt werden? Gibt es Wege, sie sinnvoll und nachhaltig zu nutzen, ohne sie abzureißen? Gerade in Zeiten des Klimawandels wäre eine ressourcenschonende Umnutzung der Bestandsbauten eine lohnende Herausforderung.
Warten ist eine universelle menschliche Erfahrung – an Flughäfen, Bushaltestellen, in Wartezimmern oder Warteschlangen. Ob es angenehm oder mühsam ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Temperatur, Luftzug, Sitzgelegenheiten, Aussicht oder Ablenkung können das Zeitempfinden beeinflussen. An Bahnhöfen war das Warten früher oft eine bewusste Erfahrung. Empfangsgebäude boten Warteräume, Sitzgelegenheiten, Gasträume und sanitäre Anlagen, die die Aufenthaltsqualität verbesserten.Doch mit dem Bedeutungsverlust der Eisenbahn als Hauptverkehrsmittel und der fortschreitenden Privatisierung der Bahn sind viele dieser Einrichtungen verschwunden. Bahnhofsgebäude wurden geschlossen oder verkauft, Wartehallen aufgegeben. Was einst ein komfortabler Aufenthaltsort war, ist heute oft eine zugige, unbequeme und unübersichtliche Transitfläche. Doch Bahnhöfe sind nicht nur funktionale Orte, sondern auch soziale Räume. Ihre Gestaltung beeinflusst, wie Menschen sich dort bewegen, orientieren und fühlen. Eine klare Wegeführung, durchdachte Aufenthaltsbereiche und konsumfreie Zonen des Verweilens könnten das Bahnhofs-Erlebnis spürbar verbessern.
Die Frage, was ein „einfaches“ Umbauen ausmacht, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es geht darum, mit minimalen Eingriffen maximalen Nutzen zu erzielen. Abriss und Neubau sind oft teuer, ressourcenintensiv und energetisch fragwürdig. Stattdessen sollten bestehende Strukturen so angepasst werden, dass sie zeitgemäßen Anforderungen gerecht werden.Ein gelungenes einfaches Umbauen setzt auf klare, verständliche Konzepte, materialgerechte Konstruktionen und eine Reduktion technischer Abhängigkeiten. Statt komplexer Haustechnik sollten die physikalischen Eigenschaften der Materialien genutzt werden, um angenehme Raumqualitäten zu schaffen. Robuste, langlebige Bauweisen, eine möglichst schichtenarme und sortenreine Materialverwendung sowie monolithische Strukturen tragen zur Langlebigkeit bei. Ebenso spielen reduzierte, funktionale Details eine zentrale Rolle, die das Bauwerk nicht nur konstruktiv vereinfachen, sondern auch ästhetisch prägen. Letztlich gilt: Was nicht unnötig komplex ist, bleibt verständlich, wartungsarm und dauerhaft – und damit „einfach“.
Das Projekt wird in 2er Teams bearbeitet.
Einführung - Mi 23. April 2025 I 10:00 Uhr Raum I 4140
Info + Kontakt: Conny Seemann, Hannes Siefert, Timm Traxler