Restaurierung Neuer Bauten in Europa am Beispiel der Arbeiten von Marcello Piacentini: Der Fall des Italienischen „Semplificato” Neoklassizismus [NB-EINS]
Restaurierung Neuer Bauten in Europa am Beispiel der Arbeiten von Marcello Piacentini: Der Fall des Italienischen „Semplificato” NeoklassizismuS [NB-EINS]
Laufzeit: 01. Juli 2017 - 30. Juni 2020
Ziel des Vorhabens ist es, die Architektur des Reduzierten Neoklassizismus‘ am Beispiel der Bauten Piacentinis zu erforschen. Piacentinis Bauten sollen im Kontext zeitgleicher architektonischer Bewegungen untersucht und bewertet, und es soll ein neuer Zugang zur Interpretation seiner Werke, losgelöst von der Architektur des Faschismus’, erarbeitet werden.
Basierend auf umfangreichen Studien zu seiner Konstruktionstechnik werden denkmalgerechte Lösungen für die komplexen Probleme in der modernen Betonarchitektur entworfen. Dazu werden die Bauten des jungen Piacentini untersucht, die während der „Grande Ricostruzione” in den Städten der Reggio Calabria und in Messina nach den Erdbeben 1905 und 1908 entstanden. Es wird erkundet werden, inwieweit die Technischen Standards „für Reparaturen, Renovierung und Neubau von öffentlichen und privaten Gebäuden in den durch das Erdbeben von 1908 und davor betroffenen Gemeinden“ auf die Planungen und die Architektur von Piacentini Einfluss hatten. Als Fallstudien werden (1) das Nationalmuseum von Magna Grecia in Reggio Calabria, (2) der Justizpalast in Messina und als verwandtes, späteres Bauwerk, (3) der römische Stadtteil E.U.R. untersucht und vergleichend bewertet.
Die von Piacentini genutzten Bautechniken werden erstmals systematisch untersucht. Eine konstruktionstechnische Besonderheit seiner Bauten ist die Verwendung von Stahlbetonkonstruktionen mit ungewöhnlichen Metallarmierungen, kombiniert mit Werksteinarbeiten, Marmor-plattenverkleidungen und massiven Marmorsäulen. Extrem anfällig sind die Stahlbetonkonstruktionen, speziell die bislang nicht spezifizierten Metalleinlagen. Oft weisen die Fassaden und Abdeckungen Risse auf und verursachen überbelastete Säulen statische Probleme.
Probleme bei der Restaurierung früher Stahlbetonbauten führen immer wieder zu der Frage: „Toccare o non Toccare?“ Dürfen wir die konstruktive Substanz verändern („ertüchtigen“), um das architektonische Erscheinungsbild zu erhalten? Oder sollten wir die mechanistisch-funktionalistischen Prinzipien bewahren? Ist das entstandene Bild der fragilen und ruinösen Marmorfassaden zu bewahren oder sind die verlorenen und geschädigten Elemente zu ersetzen? Kurzum: Erhaltung oder Wiederherstellung?
"Ich sehe unsere Architektur in einer großartigen Harmonie und in einer perfekten Größe. Sie wird die neuen Proportionen der neuen Materialien annehmen und immer der göttlichen Harmonie folgen […]. Sie wird zunehmend […] die absolute Simplizität und Aufrichtigkeit der Formen akzeptieren [...]”1.
1„Io vedo la nostra architettura in una grande compostezza e in una perfetta misura. Accetterà le proporzioni nuove consentite dai nuovi materiali, ma sempre subordinandole alla divina armonia […]. Accetterà, sempre più, […] la assoluta semplicità e sincerità delle forme […]” (Marcello Piacentini, in Architettura Oggi, 1930).
In: Giorgio Ciucci / Simonetta Lux / Franco Purini (Hrsg.): Marcello Piacentini architetto, 1881–1960. Berichtsband zur Konferenz in Rom am 16. und 17. Dezember 2010, Gangemi, Rom 2012, p. 107.
Kontakt: Dott. Ric. Roberta Fonti