Kepos - Garten aus Beton
Verfasser: Ruben Felberbaum, Jonathan Hoff
15 Jahre Leerstand, und nun?
Im Rahmen unserer Bachelorthesis haben wir die ehemalige Maschinenhalle des alten Heizkraftwerks auf dem Innenstadtcampus der Technischen Universität München behandelt. Einst versorgten die Turbinen der Halle den Campus mit Wasserdampf. Seit dem Umzug der Maschinenbaufakultät nach Garching vor über 15 Jahren befindet sich das Gebäude im Leerstand und wartet auf seine Reaktivierung.
Zwischen 1910 und 1913 erbaut, gehört die Maschinenhalle zu einem der ältesten, noch intakten Gebäude der Universität. Mit einer auf 6 m Höhe eingebauten Galerie wird sie von einem Zweigelenkbogen aus genieteten Blechträgern 15,5 m frei überspannt. Über einen Blick durch die Fenster endeckten wir die Räumlichkeit im fünften Semester per Zufall, was uns dazu veranlasste, dem Ort mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Neben einer überaus hohen räumlichen Qualität birgt die hervorragende Innenstadtlage des Campus sowie eine unmittelbare Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel Münchens das Potenzial, den Ort als interdisziplinäre Begegnungsstätte Studierender aller Fachrichtungen zu nutzen.
In unserer Studienzeit an der TU München wurde uns bewusst, dass es hier keinen geeigneten, niederschwelligen Ort des Zusammenkommens für einen Austausch unter Studierenden verschiedener Fachrichtungen gibt. Dies galt es zu ändern, weshalb wir unsere Arbeit der Interdisziplinarität sowie der studentischen Partizipation gewidmet haben. Unser Anliegen lag darin, sowohl ein nachhaltiges Bewusstsein für das Gebäude zu entwickeln als auch die Potenziale aufzudecken, die der Ort in sich trägt.
Durch verschiedene Veranstaltungsformate (Workshops mit potentiellen Nutzer*innen, Infostände, Barabende, offene Mittagstische) sind wir an unsere Kommiliton*innen herangetreten und ließen sie in Form von partizipativen Formaten an unserem Entwurf teilhaben. Durch informative Plakate, Pläne und Modelle verdeutlichten wir die Vorgehensweise und den Prozess unserer Arbeit, sowie die Grundlagen unseres Entwurfs. Es bestätigte sich, dass wir mit unserem Interesse nicht alleine waren.
Unser Entwurf strebt eine Entwicklung des Raumes als andauernden Prozess der Überformung durch die gesamte Hochschulgemeinde an. Der entworfene Raum dient der Interdisziplinarität, der Aneignung, sowie der Schaffung neuer Synergien. Hier werden Wissensvermittlung, kollektiver Austausch und die individuelle Entfaltung gefördert. Im Sinne der Transformationsforschung soll das Alte Heizkraftwerk fortan ein Reallabor sein, in dem wir als Universität gemeinsam an der Lösung der drängenden Probleme unserer Zeit arbeiten. Zudem soll unser Ansatz als Beispiel für den Umgang mit Leerständen in unserer gebauten Umwelt aufgefasst werden.
Die schnellstmögliche Reaktivierung des vorderen Bereichs der Halle greift in unserem Entwurf bereits nach 5 Monaten. Durch eine Abtrennung des hinteren Bereichs mithilfe von Bauzäunen und der Sicherung der einsturzgefährdeten Dachfenster schaffen wir eine frei bespielbare Fläche, die wir als Möglichkeitsraum verstehen. Verschiedene erste Pilotprojekte (Design Build) im Raum regen zur weiteren Entwicklung an. Auch Diskussionen über die Zukunft des Ortes finden fortan in der Halle statt. Die Entfaltung und Überformung des Raumes hat mit diesem Eingriff begonnen.
Wir stellen ein mögliches Szenario der weiteren Überformung über den Zeitraum von 10 Jahren dar. Mit dem Abriss der 80er Jahre Umbauten, aufgrund ihres schlechten Zustands und einer vorherrschenden statischen Unbestimmtheit, folgt ein neuer Einsatz, der sowohl die Anforderungen der Versammlungsstättenverordnung und des Brandschutzes löst, als auch auf den Denkmalschutz Rücksicht nimmt. Fortan sind beispielsweise Veranstaltungen mit mehr als 200 Personen möglich.
Der vordere Bereich der Halle behält den Charakter eines Reallabors und wird möglichst divers bespielt. Ein Möbel in Form eines Treppeneinsatzes mit großzügigen Sitzflächen schafft eine Verbindung von EG und UG und fungiert als Forum. Hier werden fortan neue Lehrformate, Mittagspausen, Theatervorstellungen, Filmvorführungen und Konzerte abgehalten. Der Ort gilt der Gemeinschaft und fördert transdisziplinäre Beziehungen. Im 2. OG befindet sich ein Café, das sowohl von Student*innen als auch dem Lehrkörper organisiert wird. Vorbild hierfür ist der Bouwpub der Technischen Universität Delft, welcher seit 1974 von Student*innen, dem Mittelbau und Alumni betrieben wird. Durch interdisziplinäres Engagement erhält das Projekt die nötige Kontinuität.
Nachhaltigkeit an einer Universität muss auch bedeuten, den Umgang mit Ressourcen im Hochschulbetrieb kritisch zu hinterfragen. Unsere gebaute Umwelt stellt eine dieser Ressourcen da und sollte effektiv genutzt werden.
Jeder Kommentar, jedes Gesuch, jedes Gespräch über die Zukunft des alten Kraftwerks ist ein Schritt in Richtung Reaktivierung. Auch ihr könnt euch beteiligen. Über die Email-Adresse: interventionkepos(at)gmail.com gibt es die Möglichkeit weitere Umsetzungsmöglichkeiten oder Ideen zu unserem Projekt zu äußern.