Stadtvasen
Verfasserin: Maike Staidler
Stadtvasen:
And tomorrow I'll "make" you the past
Futuroreich
Das Futuro Haus ist ein Entwurf des finnischen Architekten Matti Suuronen aus den 1960er Jahren. Eines dieser Häuser steht vor der Pinakothek der Moderne in München.
Nachdem das Mathematik-Gebäude der LMU abgerissen wurde, verbreitete sich das Futuro Haus über die freigewordene Fläche. Statt eines riesigen Neubaus stehen dort nun 72 kleine Futuro Häuser, die die Stadt jedes Jahr an Künstler*innen vergibt. Diese können frei als Unterkunft und Atelier genutzt werden. Die flexible Nutzung der öffentlichen städtischen Fläche trug sehr zur Lebendigkeit des Kunstareals bei und half künstlerische Prozesse für die öffentlichkeit erlebbar zu machen.
Denkmalgardening
Ursprünglich dienten die 1935 eingeweihten, sogenannten „Ehrentempel“ der Propaganda der Nationalsozialisten. Sie entwickelten sich zu einer Art Wallfahrtsst tte des faschistischen Regimes. Nach dem Krieg wurden sie durch einen Beschluss des amerikanischen Militärs 1947 gesprengt. Planungen für die berbauung der beiden Tempel scheiterten. 1956, anlässlich des 800-jährigen Jubil ums der Stadt München, wurden sie als „Biotope“ bepflanzt und sich selbst überlassen. Nun wachsen schon seit langem Gräser und Bäume über die berreste der Vergangenheit. Und sie dürfen weiterwachsen und langsam die Vergangenheit zudecken - seit 2001 sind die „Ehrentempel“ unter Denkmalschutz gestellt.
Es stellte sich heraus, dass die Sockel, reich an geschichtlicher Bedeutung, überaus fruchtbar waren. Da sich die Versorgung der Städte mit frischen Lebensmitteln als immer schwieriger herausstellte, begannen die Menschen auf den Tempelüberresten eine neue Form des Urbangardening zu betreiben und pflanzten nach dem Vorbild der Permakultur mehrstöckige Mischkulturen, die durchgehend Gemüse und Obst lieferten. Sie nannten es Denkmalgardening und waren damit schnell erfolgreich. Schon bald konnte die gesamte Maxvorstadt durch das „Biotop auf den Ehrentempeln“ versorgt werden.
Kulturmensa
Das Gebäude der Mensa der TU München wurde 1959 von dem Architekten Franz Hart gebaut und 1975 erweitert. Seitdem werden hier viele hungrige Studierenden-Mäuler Tag für Tag gestopft. Außerdem befinden sich dort auch die einzigen frei zugänglichen Sanitäranlagen im gesamten Kunstareal. Die großzügigen Dachüberstände werden von Obdachlosen genutzt und auch Tänzern*innen und Skater*innen treffen sich dort häufig, um auf dem glatten Boden zu üben. Doch die Stadt München hatte andere Pläne und plante dort einen „Showcase“ Standort für das Kunstareal zu realisieren.
Ein paar mutige Studierende wehrten sich gegen die Umgestaltung und besetzten das Mensagebäude ein ganzes Jahr lang. Schließlich gab die Stadt auf und die TU Mensa war gerettet. Unter Einbeziehung vieler verschiedener Anwohner- und Nutzergruppen entstand nun das dringend benötigte Kulturzentrum mit vielen ffentlich nutzbaren Räumen. Der gesamte Erdgeschossbereich wurde geöffnet und als überdachter Aufenthaltsraum in den städtischen Kontext integriert, um eine Durchlässigkeit und Verknüpfung zur direkten Umgebung zu generieren.
König der Plätze
In Leo von Klenze fand König Ludwig I. den Architekten, der seinen Traum vom „Athen an der Isar“ teilte. Entlang der Verbindung von der Residenz zum Nymphenburgerschloss entstand so der K nigsplatz Anfang des 19. Jahrhunderts. Als Kinder der Aufklärung verwirklichten hier beide ihre klassizistischen Fantasien von der Läuterung der Menschen durch die bloße Betrachtung und das Erleben erhabener Werke der bildenden Kunst und Architektur. Nie sollte der Platz einer bestimmten Nutzung untergeordnet sein, wie zum Beispiel einem Markt oder Machtdemonstration.
Dennoch kam es ab 1935, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, zu einer drastischen Umgestaltung des Königsplatzes. Der gesamte Platz wurde mit Granitplatten gepflastert, mit überdimensionierten Fahnenmasten und Leuchten versehen und durch die Errichtung der zwei Ehrentempel, des Verwaltungs- und des Führerbaus ostseitig geschlossen.
In der Nachkriegszeit beugte sich der Königplatz der Verehrung des Automobils und so entstand der schönste Parkplatz Münchens. Der östliche Rand wurde bepflanzt, um die Nazi-Fassaden zu kaschieren.
1988 wurde schlie lich der ursprüngliche Entwurf Klenzes rekonstruiert. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts war der Königsplatz ein beliebter Ort für Flunkyball auf der Wiese oder Tinder-Dates auf den Stufen der Antikensammlung.
Zur Weiterentwicklung des Kunstareals wurde ein Wettbewerb ausgelobt, der den Königplatz in eine vierte Entwicklungsphase, diesmal für alle Bewohner der Stadt, bringen sollte. In einem partizipativen Prozess wurde ein gemeinschaftliches Gesamtkonzept erarbeitet. Die Zweiteilung des Platzes wurde durch das Umleiten der Briennerstraße aufgehoben. Anlässlich des jährlichen Kunstareal-Festes entwerfen und bauen Architekturstudierende der TU München, im Rahmen eines DesignBuild Projektes, temporäre Kunstpavillions auf dem Platz der Könige.
Musikhochschule
Der „Führerbau”, 1937 eingeweiht, beherbergte während des Nationalsozialismus das Büro Hitlers. Nach dem Krieg nutzte die amerikanische Militärregierung das Gebäude als Central Art Collecting Point.
Seit 1957 wird es von der Hochschule für Musik und Theater München genutzt. Der ehemalige Präsident Robert Helmschrott sprach einmal von „Exorzismus durch Musik“.
Seit dem 21. Jahrhundert befand sich das Gebäude in einem sanierungsbedüftigen Zustand. Die Bevölkerung hatte gegen einen Abriss gestimmt, allerdings mit der Forderung, dass das Gebäude auch in Zukunft seiner schon seit über 60-j hrigen Nutzung als Musikhochschule gewidmet und dementsprechend saniert wird.
Die zweite Strophe aus Bertold Brechts Kinderhymne ziert seitdem als markanter Schriftzug die Fassade des Gebäudes.
„Da die Völker nicht erbleichen
wie vor einer Räuberin,
sondern ihre Hände reichen
uns wie andern Völkern hin.“
Skluptursportpark
Auf den öffentlichen Freiflächen um die Pinakotheken sind Skulpturen bedeutender Künstler*innen aufgestellt.
Anrainer und Studierende nutzten die freien Wiesenflächen schon für verschiedene Freizeitaktivitäten. Im Jahr 2019 stellte die SPD einen Antrag für einen Skatebereich auf der nördlichen Pinakothekenwiese, der zugleich mit Blick auf die „Kunstwerke“ abgelehnt wurde. Wieder einmal musste das ffentliche Interesse an einer Integration der Kunst ins tägliche Leben der Anwohner der Fokussierung der Stadtpolitik auf eine „denkmalveträgliche“ Nutzung weichen.
Die Bürger ließen nicht locker und mittlerweile wurde der erste „Skulpturensportpark“ Deutschlands eröffnet, der Kunst zum Anfassen bietet. Mehrere internationale Künstler*innen wurden eingeladen die Anlage sowie die Sportskulpturen zu entwerfen.