Zwischennutzungen
und Konzepte zur spielerischen Lehre
Verfasserin: Cora Knolle
„Konsequenterweise stellen Leerstände damit aktuell Versuchsflächen dar, um mit gebauten Räumen zu experimentieren, und die offerierten Möglichkeiten der Gebäude ideal auszuloten.“ Stadtplanung und städtische Wirklichkeit klaffen meist weit auseinander, unsere Gesellschaft und die Anforderungen an Städte entwicklen sich in einer Geschwindigkeit, an die sich die Planung kaum anpassen kann. Wie vorallem nach der Coronakrise besonders stark in den Städten zu beobachten ist, gibt es einen stetig wachsenden Leerstand im Dienstleistungssektor und vor allem im gewerblichen Sektor. Große Bürokomplexe, Kaufhäuser, Stadtbibliotheken, Universitätsgebäude, Schulen oder andere öffentliche Bauten müssen nach einem halben Jahrhundert Dauernutzung nun saniert werden; oft wurde zu wenig in die Instandhaltung investiert. Viele dieser Gebäude stehen nun vor der Entscheidung eines Abriss oder eines Umbaus, in der Zwischenzeit stehen diese Bauten jedoch leer. „Doch was offiziell als Makel galt – Leerstand, Brachen, langsame wirtschaftliche Entwicklung - kann zur wertvollsten Ressource der Stadt werden.“
Im Rahmen meiner Bachelorthesis habe ich mich mit dieser Thematik auseinandergesetzt und die Potenziale und Entwicklungsmöglichkeiten von Zwischennutzungen für heutige Städte herausgearbeitet. Denn Architekt*innen und Bürger*innen müssten eine engere Zusammenarbeit
anstreben, um Konzepte und Strategien zu erarbeiten und diese betroffenen Bauten und brachliegenden Flächen wieder zu beleben oder vor einem Leerstand zu bewahren. Dafür braucht es nicht nur Expert*innen aus verschiedenen Fachrichtungen, sondern vor allem ambitionierte
Bürger*innen, die ihre Wünsche und Bedürfnisse für ihr Quartiere in die Projektnutzungen einarbeiten können.
Mehr als nur Kultur?
Nach einer semesterlangen Recherche und Case Studies über aktuelle und vergangene Zwischennutzungen in München hat sich herauskristallisiert, dass gemeinschaftliche, soziale und freizeitliche Zwischennutzungen in München sehr vernachlässigt werden. Warum kann eine Zwischennutzung nicht mehr als Kultur? Wieso kann eine Zwischennutzung nicht einen wohnlichen Nutzen haben? Wieso gibt es kaum gemeinschaftliche Zwischennutzungen? Um diesen Fragestellung auf den Grund zu gehen, habe ich meine Interventionen im öffentlichen und städtischen Raum dieser Thematik gewidmet. Das „Wohnzimmer“ wurde mit Tape auf dem Boden aufgezeigt und formte somit eine eigene Zwischennutzung des eingenommenen Raumes. Auf dem „Tisch“ wurde das Spiel platziert, welches von Interessierten in der „Zwischennutzung“ gespielt werden konnte. So konnten die Spieler*innen während ihres Spieles über Zwischennutzung selber in
einer Zwischennutzung verweilen. Die Tape-Intervention soll auf die Vernachlässigung von gemeinschaftlichen und sozialen Zwischennutzungen aufmerksam machen und ihre Verweiler*innen zu einer Diskussion anregen.
Dazwsichen - das Spiel
Wie Andreas Tönnesmann betonte, „dass es im Spiel nicht um die Konstruktion einer harmlosen und rückwärtsgewandten Idylle ging, sondern um einen durchaus zeitgenössischen Kampf um die Nutzung der Stadt und den Wert ihrer Grundstücke“. Obwohl Monopoly vor fast 100 Jahren erfunden und auf den Markt gebracht wurde, ist diese Fragestellung auch in unseren Städten aktuell wichtiger denn je. Der Gewinner nach Darrows Regeln muss ein gehöriges Maß an Rücksichtlosigkeit mitbringen, denn er ist notwendigerweise der, der alle Mitspieler nach und nach in den Ruin treibt.“ Monopoly bestätigte zur Zeit seiner Erfindung die Gesetze einer durch und durch negativ besetzten ökonomischen Wirklichkeit. So spiegelt auch Dazwischen die Realität und konfrontiert die Spieler*innen mit realen Herausforderungen, aber auch Chancen. Denn viele der aktuellen Zwischennutzungen werden weitesgehend von profitorientierten Eigentümer*innen und
Investor*innen dominiert und bestimmt. Aber anstatt ein weiteres kapitalistisches Spiel zu sein, ist Dazwischen ein Aufruf an die Spieler*innen
sich mehr in ihre Nachbarschaft und Stadt einzubringen und ihre umliegende städtische Umgebung mit anderen Augen warzunehmen und ihre Entwicklungspotenziale zu erkennnen. Ziel ist es, ein Allgemeinwissen in der Gesellschaft zu etablieren, um Interventionen, Eingriffe und Partizpation von Bürger*innen in ihrer städtischen Umgebungen zu fördern.