Die Universität im Austausch
freie Masterthesis (SS21)
Verfasser: David Fink
Das Projekt „Die Universität im Austausch“ ist eine Auseinandersetzung mit dem Stammgelände der Technischen Universität München im Rahmen meiner Masterarbeit im Bereich Architektur. Es ist jedoch kein ,Projekt‘ im konventionellen Sinne. Die abschließende Ausstellung war auch keine Ausstellung. Vielmehr präsentiert sich die Arbeit als ein Handlungsansatz, eine soziale Intervention und eine Aufforderung an uns alle – als Aufforderung zur aktiven Mitgestaltung unserer akademischen und sozialen Umgebung. Wir müssen uns unserer eigenen Handlungsmacht (Agency) bewusst werden und diese so aktiv wie kollektiv nutzen.
Ich sah diese Arbeit als Gelegenheit zur kritischen Reflexion meines Studiums, des Gelernten und der Räume, in welchen all das statt- fand. Ein Ausgangspunkt war die Reflexion über die eigene Handlungsmacht: Wie kann ich meine Umgebung mitgestalten? Wie kann ich in Entscheidungsprozesse eingreifen? Welchen Einfluss kann ich haben?
Diese Arbeit ist ein kleiner Beitrag zu etwas viel Größerem: Der Zukunft unserer Universität. Der Zukunft des Stammgeländes der TU München. Der Zukunft des Lernens und der Lehre. Begleitet von der Frage: Wie wollen wir lernen?
Es ist ein Beitrag für eine Zukunftsvision des Stammgeländes, die eine Transformation hin zu einer sozial-ökologisch nachhaltigen, kollektiven Infrastruktur – einer offenen Universität – anstrebt. Diese Vision begreift die Universität als Gemeingut (Common) und Lebens- raum. Ein Ort des Austausches, der Gemeinschaft, der freien Mitgestaltung. Ein Experimentierraum, der sich durch soziale Gerech- tigkeit, Gleichstellung und Gleichberechtigung auszeichnet.
Anhand drei konkreter Beispiele mache ich Vorschläge zur Schaffung von Treffpunkten und Freiräumen aus einer Transformation des Bestehenden heraus. Die Aktivierung der bestehenden Hochschulstraße soll eine aktive Verbindung zur Stadt herstellen und gleichzeitig als neue Verbindungs- und Orientierungsachse am Campus dienen. Die exemplarische Neuorganisation eines Geschosses zeigt das räumliche Potenzial der Universität auf und verwandelt starre Bürozellen in ein vielfältiges Raumangebot mit Austauschorten und neuen Begenungs- räumen. Die studentische Initiative „Nachhoelzer“, welche ich im April 2023 mitbegründet habe und welche zentraler Ausgangspunkt für meine Arbeit wurde, demonstriert mit der Bespielung eines zwischenzeitig ungenutzten Raumes als 1:1-Mockup auf räumlicher und pro- grammatischer Ebene, welche Bespielungen am Campus in Zukunft möglich und nötig sind.
Durch diverse Perspektiven und Betrachtungsweisen auf unterschiedlichen Maßstäben, greifen meine Handlungsansätze verschiedene Bereiche auf. Für eine Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen in dieser Zeit multipler Krisen brauchen wir aktiven Austausch, Vernetzung und ausgeprägte soziale Kompetenzen. Ein radikaler Umbruch, ein radikales Miteinander soll hier die Grundlage bilden: „Die Universität im Austausch“. Die Universität im Austausch untereinander, unter Studierenden und Mitarbeitenden. Die Universi- tät im Austausch mit der Stadt. Und die Universität im Austausch mit sich selbst – mit anderen Worten: Die Universität im Wandel.
Es geht nicht um eine Zukunftsvision, wie dieser Ort in 30 oder 50 Jahren sein könnte. Es geht um eine Vision, die wir heute gemeinsam beginnen: Ohne großen Aufwand, ohne schwere Eingriffe – mit möglichst einfachen Mitteln. Das Ziel ist, durch gemeinsame Anstrengungen Raum zu schaffen, der wirklich den Bedürfnissen und Wünschen der Universitätsgemeinschaft entspricht. Wir müssen nicht lange planen und entwickeln, wir können auch einfach handeln. Und sollten wir doch einmal scheitern, ist das gut so. Einfach von vorne beginnen, ganz nach dem Trial-and-Error-Prinzip: Die Universität als Experimentierraum. Wäre es nicht eine nachhaltigere und inklusivere Lösung, Räume nicht über Jahre ungenutzt zu lassen, bis wir eine geeignete Nutzung gefunden haben, sondern vielmehr gemeinsam herauszufinden, was es eigentlich braucht, in einem gemeinschaftlichen Prozess und offenen Diskurs?
Wir wissen längst, dass wir im besten Fall gar nichts mehr bauen sollten – angesichts des Klimawandels und der Ressourcenknappheit. Nutzen wir den Bestand und versuchen, das Maximale daraus zu machen, ohne jahrelange Planungen und Entwicklungen, sondern im Hier und Jetzt. Der zentrale Ausstellungs- und Veranstaltungsraum der TU München ist seit Jahren stark unternutzt: Es fehlt ein klares Konzept, ein Kuratieren, eine Vision. Daher mündete diese Arbeit in eine Intervention in genau diesem Raum. Als Anreiz, diesen Raum gemeinsam zu gestalten. Als Antrieb herauszufinden, wie wir uns unsere Universität wünschen. Und als Aufforderung, sich der eigenen Handlungsmacht bewusst zu werden und diese zu nutzen!