Freiham im Zustand des Stadt Werdens
freie Masterthesis (SS24)
Helena Eichinger
Am westlichen Stadtrand von München entsteht „Freiham“ – „Europas größtes Neubaugebiet“ (Draxel, 2023) für 30.000 Menschen und 15.000 Arbeitsplätze.*
Das in Entstehung befindliche Areal wird im Zustand des Stadtwerdens untersucht, wobei diese Phase als entscheidend und prägend für die weitere Entwicklung der projektierten Urbanität betrachtet wird. Während die in Rahmenplänen formulierte städtebauliche Vision eine lineare Umsetzung der Ziele verlangt, ist der jahrzehntelange Prozess geprägt von Brüchen, Verzögerungen und Provisorien, die sich auf den Alltag erster Bewohner:innen auswirken.
Die Arbeit stellt dem Mangel des Unfertigen eine Erkundung der Potentiale entgegen. Die Forderung nach einem anerkennenden alternativen Umgang mit dem Zwischenzustand wird mit der Frage beforscht, wie in der räumlichen, zeitlichen und sozialen Struktur des entstehenden Stadtteils interveniert werden kann, um die Möglichkeiten der Raumaneignung zu erweitern und Performativität zu steigern. Die Theorie des „performativen Urbanismus“ (Wolfrum, 2015) bietet dabei einen subjekt- und aktionsorientierten Blickwinkel, der das Erleben eines Umfelds in den Vordergrund stellt, um die Perspektiven auf Stadtraum zu erweitern. Neben der umfassenden Zusammenführung von Daten über den Entstehungsprozess werden anhand eines dreimonatigen Kunstprojektes vor Ort Potentiale und Handlungsfelder für Aneignung und Identitätsbildung aktiviert. Die Dokumentation und Reflexion der Intervention schafft Erfahrungswerte, die bei der Umsetzung improvisierter und temporärer Zwischennutzungen nützlich sein können. Es entstehen Bilder, die Raum für Assoziation schaffen, um einen alternativen Blick auf den Zustand des Stadtwerdens zu vermitteln.
Hinter dieser Arbeit steht letztendlich die Forderung nach mehr Mut und politischem Willen, auch in der stringenten Entwicklung von Neubaugebieten, Zeiträume, Flächen, und Investitionen bereit zu stellen, um Experimente zu platzieren, Irritation zu erlauben und Aneignung schon im Entstehungsprozess zu ermöglichen.
Zum Vergleich: Das Wiener Projekt „Seestadt Aspern“ wird derzeit auf 240 ha Fläche als „hochwertiger Wohnraum für mehr als 25.000 Menschen und über 20.000 Arbeits- und Ausbildungsplätze“ (Stadt Wien, 0.J.) gebaut.