Postprison
freie Masterthesis (SS20)
Verfasser*innen: Alina Störzinger
Ich erinnere mich noch an die Zeit von vor über 20 Jahren, als wir noch Menschen durch Strafen versucht haben zum „richtigen“ Verhalten erziehen zu wollen. Wie bestürzt ich war, zu erfahren, welche Maßnahmen wir für gerechtfertigt hielten, um Menschen wie du und ich durch unsere erlernten und anerzogenen Kenntnisse zum besseren Leben anleiten zu wollen.
Wie anmaßend wir waren, und welche Möglichkeiten sich eröffneten, als wir erkannten, dass nur die Menschlichkeit das ganze Potential positiver Entwicklung hervorbringen kann.
Respekt ist die grundsätzliche Voraussetzung für den Umgang miteinander und schafft alleinig die Grundlage für ein menschliches Miteinander. Sie muss für jeden – auch für die fehlenden Menschen unter uns – gelten.
Fehler können jedem passieren, es ist aus heutiger Sicht wichtig zu wissen, dass Fehler zu neuen Erkenntnissen führen, die für den Einzelnen und für die Gesellschaft einen Fortschritt bedeuten können. Ihnen wohnt ein großes Potential inne.
Ich bin froh, dass wir diese Erkenntnis gewinnen konnten und sie in einem positiven Sinne weiter entwickeln durften.
Ich habe während meiner Berufspraxis viele Veränderungsprojekte begleitet. Ich weiß, dass Veränderungen immer schmerzen und anstrengend sind, aber letztendlich zu einer Weiterentwicklung führen.
Anfang der 2020er Jahre fand ein Paradigmenwechsel statt, der in die Ära des Postprison führte. Das Gefängnissystem und seine Strukturen stellte eine Hürde zur Überwindung vieler Probleme unserer Gesellschaft dar. Auch mithilfe von Medien und Politik
war ein Umschwung der Gesellschaft möglich: Sie überwanden den Drang, das Bild des Gefängnisses als Sicherheitsgarant und als Verwahrung des Bösen zu unterfüttern. Das Gefängnissystem stellte einen Knotenpunkt unserer relevantesten strukturellen Gesellschaftsprobleme wie Rassismus, Diskriminierung, Klassenkampf, Gewalt und Hierarchie dar. In einer Gesellschaft, die nach Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Freiheit strebt, ist kein Platz für ein solches System.
Seitdem ist viel passiert.
Heute im Jahr 2044, lassen sich viele Erfolge auf dem Weg in eine bessere Zukunft aufzeigen. Obwohl viele Kämpfe mit Themen unserer Gesellschaft noch nicht ausgefochten sind, ist der Grundstein für eine Welt der Gleichberechtigung und Menschlichkeit,
besonders im Umgang mit Kriminalität, getan. Strukturen in der Gesellschaft wurden hinterfragt und durch Umschwünge im Kern positiv beeinflusst oder gar neu konstruiert: Gefängnisse existieren nicht mehr. Das Konzept der Strafe ist verschwunden. Man
musste feststellen, dass mit Vergeltung niemals ein besseres Ganzes erreicht werden kann. So konnte das Gefängnis, das aus dem Prinzip des Strafens entstanden ist, nicht als gesellschaftliches Konstrukt fortgeführt werden.